Wie viele andere deutsche Medien auch, die gerne voneinander abschreiben statt sich unabhängige Urteile zu bilden, beteiligt sich auch die Tagesschau an der Perpetuierung eines verzerrten Kuba-Bildes. Unter dem Titel „Ein historischer Massenexodus“ meldet sich Christina Fee Moebus, ARD-Studio Mexiko-Stadt. „Kuba leidet unter der schlimmsten Wirtschaftskrise seit den 1990er-Jahren. Allein in den vergangenen zwölf Monaten haben mindestens 200.000 Menschen das Land verlassen – auch wegen der staatlichen Repression.“
Dieser Exodus ist keinesfalls historisch unerreicht. 1959/60 sind fast eine Million Kubaner geflohen. Und auch zwischenzeitlich immer mal wieder mehrere Hunderttausend pro Jahr. Die Castros haben immer dann die Grenzen geöffnet, wenn der innenpolitische Druck zu stark wurde – Ventilfunktion. Deshalb wird in deutschen Medien auch nicht gefragt, wieso 200.000 (tatsächlich über 250. 000) Kubaner unbehelligt die Insel verlassen können. Nur ein kleiner Teil per Boot, die Mehrheit per Flieger nach Nicaragua. Das wäre leicht zu verhindern, wenn man wollte. Man will aber nicht.
Details auch in K. Leciejewski: Kuba – Der Zusammenbruch, Königshausen und Neumann 2020.