Leipzig stärkt die Rechte der 47 Millionen Beitragszahler

von Roland Schatz

Der 6.Senat des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt: Es fehlt an der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Beitragspflicht des § 2 Abs. 1 RBStV, wenn das Gesamtprogrammangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Anforderungen an die gegenständliche und meinungsmäßige Vielfalt und Ausgewogenheit über einen längeren Zeitraum gröblich verfehlt.

Genau diese Rechtfertigung können ARD, ZDF und DLF schon allein deshalb gegenüber den Gebührenzahlern nicht vortragen, weil sie sich seit Jahrzehnten gegen jegliche Transparenz in Sachen Leistungs-Erfüllung der vier Funktions-Auflagen: Vielfalt, Integration, Konvergenz sowie Vorbild verwehren. Und das, obwohl die Landesmedienanstalten mit einem jährlichen Etat von über 180 Mio Euro pro Jahr über ausreichend Budget verfügen, um ihre reale oder nur behauptete Gesamtprogrammsleistung Jahr für Jahr den Beitragszahlern zu präsentieren und aufgrund dieser Bilanz dann auch einen echten Anspruch auf die Beiträge gegenüber den 47 Mio Beitragszahlern geltend zu machen.

Insofern haben die Beitragszahler in Deutschland dank des 6.Senats am Bundesverwaltungsgericht endlich Klarheit: sie müssen nicht nur jeden Monat 18.36€ zahlen, sie dürfen auch auf eine «Gegenleistung» pochen. Diese beschreibt mit den Vorgaben, dem Publikum der öffentlich-rechtlichen Sender strukturell Vielfalt, Integration, Konvergenz und Vorbild liefern zu müssen, ziemlich deutlich das Gegenteil von dem, was mehr und mehr Deutsche empfinden, wenn sie das Programmangebot in der ersten Reihe konsumieren. Und wenn – wie vielfältige Studien seit Jahrzehnten belegen – der ÖRR mit seinem Gesamtprogramm die gegenständliche und meinungsmäßige Vielfalt und Ausgewogenheit über einen längeren Zeitraum gröblich verfehlt, dann muss auch nicht gezahlt werden.

Besonders klar ist Leipzig in seiner Einschätzung, wie die bisherigen Gerichte ihren eigenen Auflagen des §86 der Gerichtsordnung verfuhren: Leipzig verweist das gesamte Verfahren erneut nach München zurück, weil die Verantwortlichen dort nicht der Frage der Beitragszahlerin nachgegangen sind, ob das Gesamtprogrammangebot die gegenständliche und meinungsmässige Vielfalt und Ausgewogenheit über einen längeren Zeitraum gröblich verletzt. Anstatt dass die beiden ersten Instanzen sich mit einer sorgfältigen Tatsachenerhebung beschäftigt hätten, wurde im Prinzip pauschal die Position des BR übernommen: solange die öffentlichen Sender Strahlungen verursachten, sei zu zahlen. Genau über diese Interpretation hatte der vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht, Prof. Ingo Kraft in der öffentlichen Verhandlung mehrfach gesprochen und zum Ausdruck gebracht, dass eine derart positivistische Rechtsauffassungen den bisherigen Urteilen aus Karlsruhe insbesondere hinsichtlich der Auflagen zur Vielfalt nicht Genüge leiste.

Dieses erstaunliche Resultat erzielte eine Dame aus Bayern, die sich seit Jahren im Angebot der öffentlichen Sender nicht mehr wiederfand und vor allem aufgrund der mangelnden Vielfalt begann, ihrerseits den Rundfunkbeitrag nicht zu zahlen. Als sie vom Bayerischen Fernsehen via Gerichtsvollzieher dazu gezwungen wurde, ging sie vors Gericht und klagte gegen die Nicht- bzw. Minder-Leistung. Während das Verwaltungsgericht sowie das Oberverwaltungsgericht in München die Argumente der Beitragszahlerin glaubten ignorieren zu können, fand sie im 6.Senat beim Bundesverwaltungsgericht offene Ohren. Schon im Nachgang zur Annahme des Revisionsverfahrens verwies der vorsitzende Richter am 6. Senat Prof. Dr. Ingo Kraft auf die grundsätzliche Bedeutung des Verfahrens: «ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle.»

Der Text erschen zunächst in der Welt vom 16. Oktober 2025

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